Über letatlin
»He, Sie da! Himmel! Nehmen Sie den Hut ab!
Ich komme!«
Vladimir Mayakovsky
Die Namensgebung »Letatlin« geht auf Vladimir Tatlins visionäres Fluggerät zurück, das er als »Luftfahrrad« für die breite Masse konzipierte. Der Letatlin symbolisiert nicht nur das utopische Streben nach menschlicher Freiheit und Mobilität, sondern steht auch für das Streben, Kunst, Natur und Technik in einer harmonischen, neuen Form zusammenzuführen. Tatlin widmete sein Leben der Revolution und dem Ziel, »eine neue Architektur für eine neue Welt« zu schaffen - der letatlin-Verlag versteht sich als Medium zur Vermittlung einer gesellschaftlich engagierten Kunst und Literatur.
Der letatlin-Verlag soll im besten Fall nicht einfach ein Verleger sein, sondern ein »Organisator des Alltagslebens«, wie Tatlin den Künstler sah: Jemand, der nicht nur Ideen veröffentlicht, sondern damit zugleich zur konkreten Transformation und Neugestaltung der Gesellschaft beiträgt. Analog zu Tatlins Vorstellung einer »Kathedrale des Sozialismus« und dem revolutionären Potenzial seines Turmprojekts werden Bücher verlegt, die nicht nur gelesen, sondern als Anstoß zu neuen Visionen und Handlungen verstanden werden können.
Der letatlin-Verlag ist inspiriert von den außergewöhnlichen Werken und Denkansätzen historischer Persönlichkeiten wie Willi Münzenberg, Walter Benjamin, Wladimir Iljitsch Lenin und der Situationistischen Internationale. Münzenberg, als Pionier des kommunistischen Verlagswesens, verstand es, Druckwerke als Mittel der Mobilisierung zu nutzen. Walter Benjamin inspirierte mit seiner kunstpolitischen Suche nach historischen Momenten der Auflehnung. Lenin sah die Gründung einer Zeitung als Voraussetzung jeglicher revolutionärer Tätigkeit. Und die Situationisten hatten das Gespür den Geist der Revolte mit einer avantgardistischen aber populären Art Text, Karikatur und Kunst zu vermischen. Letatlin möchte diesen Ideen Leben einhauchen und Werke veröffentlichen, die genauso unkonventionell und tiefgründig sind. Der Verlag möchte Theorie und Praxis vereinen, Geschichte des Widerstandes erhalten und das gedruckte Wort als Instrument der Veränderung fördern.
Dabei ist es wichtig, wie einst Münzenberg, der einen permanenten Riecher für Neues inne hatte, als er etwa Illustrierte Zeitungen oder den Film vorantrieb, nicht beim Alten und Gewohnten stehen zu bleiben. Die Bücherindustrie befindet sich in einer Krise, wie auch sämtliche Medien der alten Zeit vor dem Internet. Es fehlt an Attraktivität einzelner Veröffentlichungen, wie auch eine praktische Verbindung zu den neuen Medien unserer Zeit. Da reicht es nicht nur ebooks zu veröffentlichen, sondern wir werden versuchen auf populäre Produkte zu setzten, z.B. in Zusammenarbeit mit interessanten Künstlern und Persönlichkeiten oder mittels kreativer Formen. Nicht zuletzt geht es nicht darum, einfach nur »Jugendliche wieder zum Lesen zu bringen« oder »Bücher unters Volk zu verbreiten«, sondern Ideen für ein anderes Hier und Jetzt aufblühen zu lassen.
Denn Letatlins Zauber liegt vielleicht genau darin, dass er nie wirklich geflogen ist und darum als poetisches Objekt umso grössere Flughöhe erreicht hat. So fügt er sich im die Reihe jahrtausendealter Träume, die von der Überwindung der Schwerkraft und der Eroberung des vierten Elementes durch den Menschen erzählen. Die Überwindung der Verhältnisse ist der Traum, der dem letatlin-Verlag zu Grunde liegt.